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Beschluss der Bezirksversammlung Hamburg-Mitte vom 03.11.2015

In Hamburg zu Hause sein - ein neues Quartier für Hamburg-Mitte


04.11.2015 Bezirk, Billstedt, Antrag

In einer Sondersitzung der Bezirksversammlung Hamburg-Mitte wurde am 03.11.15 über den von der SPD Bezirksfraktion Hamburg-Mitte gestellten Antrag zur Festlegung der Rahmenbedingungen für den Bau eines neuen Quartiers in Billstedt diskutiert. Dieser wurde nach ausführlicher Diskussion mit interfraktionell beschlossen und stellt damit die Weichen für die zukünftige Entwicklung des neu entstehenden Quartiers in dem zunächst Flüchtlinge eine feste Unterkunft finden. Für die SPD ist eine schnell einsetzende Durchmischung des Wohnquartiers eine zentrale Forderung an die Umsetzung der Planungen. Die SPD Bezirksfraktion Hamburg-Mitte wird sich außerdem dafür einsetzen, dass das Quartier auf mehreren Flächen entsteht, wie es beispielsweise in Wandsbek auch der Fall sein wird.

Das Quartier muss den modernen Ansprüchen der Stadtentwicklung entsprechen. Vor allem eine Verbindung zu den Nachbarquartieren ist wichtig, um eine deutlich sichtbare Integration zu erreichen und eine Isolation zu vermeiden. Ein gut durchdachtes Bildungskonzept innerhalb des Quartiers ist ebenso wichtig wie beispielsweise die Begrünung und Gemeinschaftsflächen. Die Hamburger Wohnungsbaugenossenschaften haben sich in der Vergangenheit stets als vertrauensvoller Partner für alle Seiten – Bewohner, Nachbarschaften und Bezirk – gezeigt. Es muss geprüft werden, ob eine der Hamburger Wohnungsbaugenossenschaften die Entwicklung des Quartiers übernimmt. Vor allem für die spätere Durchmischung des Quartiers ist dies ein guter Ausgangspunkt.

Eine große Stärke des Bezirks liegt in der vorbildhaften Organisation von Beteiligungsprozessen. Auch bei der Entwicklung dieses neuen Quartiers in Billstedt sollen die Nachbarinnen und Nachbarn direkt eingebunden werden. Der Prozess muss transparent gestaltet werden, um eine möglichste breite Beteiligung und damit auch eine hohe Akzeptanz zu erreichen.

Falko Droßmann (41), Fraktionsvorsitzender der SPD Bezirksfraktion Hamburg-Mitte sagt nach der Diskussion „Ich freue mich sehr, dass dieser Antrag beschlossen wurde. Wir haben ihn lange mit verschiedensten Gesprächspartnern diskutiert. Ich denke, dass wir jetzt ein sehr gutes Ergebnis haben und dem Bezirksamt eine klare Aufgabenstellung und eindeutige Bedingungen für die weitere Entwicklung mitgeben. Bereits gestern gab es eine interessante und in Teilen auch kontroverse Diskussion in Billstedt, auf der die Anwohner ihre Sorgen, Anregungen und Kritik darstellten. Viele Sorgen sind nachvollziehbar und müssen in unsere Betrachtung einfließen. Die Anwohner der Siedlung Haferblöcke beispielsweise haben Grundstücke mit Blick auf das Grüne gekauft und nun soll dort gebaut werden. Dabei geht es nicht darum, dass dort Flüchtlinge wohnen sollen, es geht um die verbaute Aussicht – und genau diese Sorgen müssen und werden wir ernst nehmen und uns mit den Menschen an einen Tisch setzen, um Lösungen zu erarbeiten. Ich hoffe und denke, dass wir am Ende ein tolles neues Quartier gestalten werden, in dem Bewohner wie Nachbarn sich sehr wohl fühlen. Dafür werden wir alles geben und für jeden ansprechbar sein. Wir haben eine große Verpflichtung der wir uns bewusst sind.“

In Hamburg-Mitte leben derzeit ca. 7.000 Flüchtlinge. Deren Unterbringung stellt alle Akteure vor große Herausforderungen. Eine dauerhafte Unterbringung in Zelten ist keine Lösung, ebenso stellen Container nur eine Übergangslösung dar. Es muss daher eine dauerhafte Unterbringung entstehen, die mit den Instrumenten der Stadtplanung und –entwicklung bestmöglich gestaltet wird. Da einzelne Häuser oder Wohnungen nicht ausreichen, muss ein neues Quartier mit bis zu 800 Wohnungen für die neuen Einwohnerinnen und Einwohner entwickelt werden.

Eine große Herausforderung ist hierbei die Integration der Flüchtlinge, von denen viele neue Bürgerinnen und Bürger unserer Stadt werden. Die Bezirke haben eine besondere Verantwortung bei der Unterbringung und Integration der Flüchtlinge, da sie für die Entwicklung der Quartiere und Stadtteile verantwortlich sind. Die Integration findet in erster Linie hier statt. In Hamburg-Mitte leben bereits 150 Nationen zusammen, dies zeigt eine stärke des Bezirks – wir sind weltoffen, tolerant und strengen uns beim Thema Integration besonders an.

Nachstehend finden Sie den beschlossenen Antrag:

Antrag der Abgeordneten

Falko Droßmann, Dr. Arik Willner, Marina Hamester, Tobias Piekatz, Dirk Sielmann, Kesbana Klein, Elke Kuhlwilm, Frank Ramlow, Philipp Möller, Thaddäus Zoltkowski, Wiebke Scheuermann, Yannick Regh, Michael Ranft, Klaus Lübke, Jan Oppermann, Fatih Yilmaz, Sabrina Hirche, Carl-Philipp Schöpe (SPD)

In Hamburg zu Hause sein - ein neues Quartier für Hamburg-Mitte

Die vielen Schutz suchenden Flüchtlinge stellen Deutschland vor große Herausforderungen. Jedes Jahr steigt die Zahl derer, die in Deutschland Asyl beantragen und bei uns bleiben wollen. Wurden 2012 noch rund 65.000 Asyl-Erstanträge gestellt, waren es 2013 über 109.000 und 2014 schon über 173.000 Erstanträge. Erste Schätzungen rechnen in diesem Jahr mit bis zu 800.000 Asylbewerbern, die nach Deutschland kommen werden. Es kann davon ausgegangen werden, dass diese Zahlen in den kommenden Jahren sogar noch überschritten werden.

Die Freie und Hansestadt Hamburg stellt sich ihrer Verantwortung und nimmt 2,5 Prozent der Gesamtzahl der nach Deutschland einreisenden Asylbewerber auf. Im Jahr 2014 hat Hamburg mehr als 6.600 Flüchtlinge aufgenommen, von denen rund 6.000 in Einrichtungen der öffentlich rechtlichen Unterbringung leben. Für das Jahr 2015 rechnet die Innenbehörde mit einem rund vierfachen Anstieg der in Hamburg einreisenden Flüchtlinge. Dies ist eine Herausforderung, die kein Akteur alleine bewältigen kann. Behörden, Politik, Vereine und alle Menschen unseres Bezirkes müssen zusammenarbeiten, um dafür zu sorgen, dass die Flüchtlinge nicht nur ein Dach über den Kopf bekommen, sondern dass eine reale Integration stattfinden kann. Wir rechnen damit, dass viele Flüchtlinge in Hamburg bleiben und zu neuen Bürgerinnen und Bürgern der Stadt werden.

Die Bezirke haben eine besondere Verantwortung bei der Unterbringung und Integration der Geflüchteten. Sie sind verantwortlich für die Entwicklung der Quartiere und Stadtteile und für die sozialräumliche Balance. Auch ohne die Herausforderungen, die mit der Unterbringung von Flüchtlingen einhergehen, sind die Anforderungen an die Bezirke in den letzten  Jahren massiv gestiegen.  Mit dem  Wohnungsbauprogramm im „Vertrag  für Hamburg“ sind die Bezirke an ihre Belastungsgrenze gegangen, um die Zahl der Wohnungen in Hamburg nach jahrelangem Stillstand wieder nachhaltig zu erhöhen. Allein in Hamburg-Mitte sieht der Vertrag für Hamburg 750 Wohnungen pro Jahr vor. In 2014 konnte die doppelte Anzahl an Wohnungen genehmigt werden, was ein Resultat höchster Anstrengung von Politik und Verwaltung darstellt. Denn diese massive Steigerung der Baugenehmigungen wurde nicht auf Kosten der Qualität erreicht, im Gegenteil. Der Ausbau der Mittel für sozialgeförderten

Wohnungsbau auf 172 Millionen Euro wurde darüber hinaus genutzt, um die soziale Durchmischung auch über den Mietpreis in allen Stadtteilen sicherzustellen. Mit dem Programm „Stromaufwärts an Elbe und Bille“ hat der Bezirk Hamburg-Mitte darüber hinausgehende Verantwortung übernommen, die insgesamt für eine große Auslastung der Ressourcen in der Verwaltung sorgen wird. Dennoch ist die Motivation bei Politik, Verwaltung und Beteiligungsgremien hoch.

Der Bezirk Hamburg-Mitte hat den Anspruch, auch bei der großen Herausforderung der Flüchtlingsunterbringung genau so professionell und strukturiert zu arbeiten, wie bei anderen Herausforderungen im Bezirk. Es ist eine Stärke des Bezirks, dass hier bereits 150 Nationen zusammen leben und die Einwohnerzahl stetig überdurchschnittlich steigt. Gleichzeitig hat der Bezirk Vorbildcharakter bei der Organisation breiter Partizipationsprozesse, die die Nachhaltigkeit besonders großer Entwicklungen stärken.

Auch wenn die schnell wachsende Zahl von Flüchtlingen besondere Maßnahmen auch in den Genehmigungsabläufen erforderlich gemacht hat, müssen wir wieder zurückkommen zu einer professionellen und strukturierten Planung bzgl. der Unterbringung von Flüchtlingen. Insgesamt leben derzeit rund 7.000 Menschen in verschiedenen Unterkünften in Hamburg- Mitte, meist in den schwächeren Stadtteilen Wilhelmsburg, Billstedt und im südlichen Hamm. Eine dauerhafte Unterbringung in Katastrophenschutzzelten, wie sie in Wilhelmsburg stattfindet, kann nicht das Ergebnis verantwortungsvoller Politik sein. Container sind ebenfalls keine dauerhafte Lösung, sondern sollten nur einen Übergang darstellen, um die in Hamburg Schutz suchenden Flüchtlinge nicht der Kälte des Winters auszusetzen.

Die Unterbringung von Flüchtlingen zielt auf eine dauerhafte Integration ab und muss daher als eine stadtentwicklungspolitische Herausforderung, der wir mit den Instrumenten der Stadtplanung und -entwicklung begegnen müssen, begriffen werden. Dabei hilft die Diskussion um einzelne Wohnungen oder Häuser nicht weiter, wenn wir uns die große Zahl an Flüchtlingen in Hamburg-Mitte anschauen. Es geht um die Entwicklung eines neuen Quartiers mit bis zu 800 Wohnungen zunächst für neue Einwohnerinnen und Einwohner und perspektivisch auch für Hamburgerinnen und Hamburger die einen Anspruch auf geförderten Wohnraum haben.

Der hamburgische Senat hat am 06.10.15 die Drucksache „Flüchtlingsunterkünfte mit der Perspektive Wohnen“ beschlossen. Für den Bezirk Hamburg-Mitte enthält die Drucksache unter anderem:

„In Prüfung sind zwei Flächen östlich Haferblöcken am Öjendorfer See. Die unmittelbar an die Straße Haferblöcken angrenzende Fläche ist städtisch und grundsätzlich geeignet. (...) Die weiter östlich gelegene Fläche ist privat und weniger geeignet. Die Belange des östlich angrenzenden Landschaftsraumes mit Öjendorfer Park (Landschaftsachse) erfordern eineverträgliche Einbindung.

Im Interesse einer integrierten und nachhaltigen Besiedlungsstruktur spricht vieles für die Verteilung des benötigten Volumens auf beide Flächen. (...)

Um die Ziele der Senatsstrategie „Stromaufwärts an Elbe und Bille“ nicht zu beeinträchtigen, muss dabei gleichzeitig südlich des Öjendorfer Sees die Entwicklung der „Neuen Gartenstadt“ vorangetrieben werden.“

Eine solche Entwicklung ist eine große Aufgabe für Politik und Verwaltung im Bezirk. Aber wer, wenn nicht der Bezirk mit all der vorhandenen Expertise für Stadtplanung und Bauverfahren, kann eine solche Herausforderung meistern. Es ist jedoch wichtig, dass eine solche Entwicklung nach den gewohnten Standards und Prozeduren des Bezirks betrieben wird, die den Bezirk so erfolgreich im Wohnungsbau hat werden lassen. Der Bezirk kann es, der Bezirk will es, allerdings müssen die Regeln des Bezirks gelten. So kann ein neues Quartier zu einer einmaligen Chance werden, die das Leben in Hamburg-Mitte bereichern wird. Wir haben hier die Chance, ein Modellprojekt zu schaffen, welches für andere Entwicklungen in Deutschland Vorbildcharakter haben kann. Mit dem großen Zustrom an flüchtenden Menschen nach Deutschland ist eine neue Form der Stadtentwicklung notwendig geworden, die es nun gilt, positiv zu gestalten. Um einerseits ein ökologisch verträgliches Bau- und Wohnkonzept und andererseits eine soziale Integration der neuen Quartiere zu ermöglichen, wird alles daran gesetzt, die geplante Anzahl an Menschen, die zusammen leben werden, auf zwei Standorte zu verteilen. 

Ein neues Quartier mit modernen Konzepten

Wenn wir ein neues Quartier in Hamburg-Mitte entwickeln, so müssen wir alle modernen Konzepte für urbanes Wohnen in die Entwicklung einbringen. Ein Quartier mit baulichen Verbindungen zu den Nachbarquartieren wird für eine gute Integration in die bestehende Infrastruktur sorgen. Gemeinschaftsflächen oder Dachterrassen sorgen für eine sozialräumliche Integration. Die Bauten sollen hochwertig sein, hier darf es keine Übergangsbauten geben. Das Quartier muss so gestaltet und ausgebaut werden, dass im Prinzip jeder in Hamburg die Attraktivität des Wohnortes erkennt. Dabei spielen hochwertige Grünanlagen und Wegbegrünung eine große Rolle. Das Quartier soll eine hohe Aufenthaltsqualität vorweisen. Langfristig soll das Quartier nicht nur für Flüchtlinge da sein. Eine stufenweise Durchmischung soll eine soziale Isolation des Quartiers vermeiden. Dies erreicht man auch durch eine gewisse Flexibilität bei der Belegung der neuen Häuser. Eine Grundvoraussetzung ist, dass in beiden neuen Quartieren neben den Wohnungen für Flüchtlinge auch Wohnungen zur Deckung des ohnehin vorhandenen Bedarfes errichtet werden. Nur so kann Mischung und Integration funktionieren. Um zukünftige Entwicklungen des Quartiers zu ermöglichen, sollen Freiflächen erhalten werden, die erst in späteren Phasen je nach Bedarf bebaut werden können.

Bestandshalter statt Investoren

Der Rahmen für die Entwicklung eines neuen Quartiers ist eng gesetzt. Sowohl der zeitliche Ablauf als auch die finanziellen Herausforderungen machen eine vertrauensvolle Zusammenarbeit zwischen Bezirk und Vorhabenträger unverzichtbar. Daher soll möglichst eine der Hamburger Wohnungsbaugenossenschaften die Entwicklung des Quartiers übernehmen. Diese haben sich in Hamburg als vertrauensvolle Partner für Bewohner, Nachbarschaften und den Bezirk bewährt. Durch den großen Wohnungsbestand der Genossenschaften  in  Hamburg  kann  so  langfristig  eine  sukzessive  Durchmischung    des Quartiers erfolgen, um eine „Ghettoisierung“ zu vermeiden. Außerdem können eine erfolgreiche Vermarktung und ein gutes Image für das Quartier garantiert werden.

Sollte es Hindernisse geben, die sich aus dem Widerspruch zwischen dem Verhältnis der besonderen steuerlichen Behandlung der Genossenschaften und dem Untervermietungsmodell der Stadt ergeben, so soll hier zeitnah eine gesetzliche Lösung geschaffen werden.

Workshopverfahren zur Sicherstellung der räumlichen Integration

Ein niedrigschwelliges Workshopverfahren ermöglicht die bestmögliche Eingliederung in die städtebauliche Gestalt und ermittelt die optimale Bebauung. Bei diesem Workshop muss darauf geachtet werden, dass eine Durchmischung von normaler Wohnungsbebauung und der Bauten für Flüchtlinge sichergestellt ist. Außerdem sollten die Gebäude zwischen 2 und 4 Stockwerke aufweisen. Höhere Gebäude sind ausgeschlossen. Die Einbindung und Information der Nachbarn und Bewohner der angrenzenden Quartiere in einen Workshop schafft darüber hinaus Vertrauen und eine Identifikation mit dem Vorhaben vor Ort. Der Bezirk hat mit offenen und transparenten Beteiligungsverfahren sehr gute Erfahrungen gemacht. Neben der IBA, der HafenCity und den Entwicklungen im Rahmen von Olympia kann das neu entstehende Quartier so ein weiteres Projekt sein, mit dem Hamburg weit über seine Grenzen hinaus Meilensteine in der Stadtentwicklung setzt.

Anbindung des Quartiers an die Stadt sicherstellen

Als einer der ersten Entwicklungsschritte in der Realisierungsphase ist es wichtig, dass das Quartier an den ÖPNV angeschlossen wird, sofern diese Anbindung nicht schon gewährleistet ist. Ziel muss eine Anbindung an die neu entstehende U4 sein, doch muss mindestens eine Buslinie mindestens alle 10 Minuten ganztägig das Quartier bedienen. Die Buslinie sollte nahegelegene U- oder S-Bahn-Stationen anfahren, um den Anschluss an das gesamte HVV -Netz zu gewährleisten.

Ein innovatives Mobilitätskonzept für das Quartier ist unabdingbar und soll den zukünftig prognostizierten Entwicklungen angepasst werden. Da ein Teil der Bewohner anfangs keine finanziellen Mittel für einen eigenen PKW haben werden, sind Carsharing Konzepte ein guter Ansatzpunkt. Diese sollten bevorzugt im Bereich der E-Mobiliät angesiedelt sein. Es soll nach Möglichkeit ein kraftstofffreies Quartier entstehen. Um möglichst viel Verkehr aus dem Quartier herauszuhalten, soll ein mitwachsendes Quartiersparkhaus am Eingang entstehen, das auch über ausreichend Ladestationen für Elektrofahrzeuge verfügt. Auch das Fahrrad als kostengünstige Alternative ist bei den Planungen zu berücksichtigen. StadtRad-Stationen können hier einen wichtigen Beitrag zur klimaneutralen und kostengünstigen Mobilität für die Bewohner leisten.

Nahversorgung sicherstellen

Damit ein Quartier langfristig funktionieren kann, ist eine gute Nahversorgung wichtig. Neben einem Supermarkt im Quartier sind hier vor allem Geschäfte für den täglichen Bedarf und die Freizeitgestaltung zu nennen. Cafés, Bäckerei, Kioske, Imbisse oder Restaurants

müssen entstehen. Um die Integration und den Start auf dem Arbeitsmarkt für einige zu erleichtern, kann hier ein Konzept der Hilfe zur Selbsthilfe angewandt werden. Ähnlich eines Pop-Up-Stores sollen Ladenflächen für entsprechende Fachkräfte bereitgestellt werden. Ein syrischer Bäcker beispielsweise kann also in dem Quartier eine Bäckerei eröffnen. Anfangs zahlt er nur die Nebenkosten als Miete, um sich auszuprobieren und eine wünschenswerte langfristige Etablierung des Geschäfts zu erreichen. Gleiches gilt für Restaurants, Imbisse etc. Die Identifikation mit dem Quartier wird dadurch zusätzlich gestärkt. Bei Buchhaltung, Hygienevorschriften etc. müssen die Existenzgründer Unterstützung in Form eines Mentorenprogramms von der Handelskammer und Wirtschaftsbehörde erhalten. Das Quartier kann so als Integrationsbeschleuniger dienen, da die Flüchtlinge schnell wieder arbeiten können.

Die Versorgung des Quartiers durch Ärzte und Apotheken muss sichergestellt werden. Hier wäre es optimal, wenn in der Bebauung entsprechende Flächen vorgesehen sind.

Ein Quartiersmanager als Kümmerer

In einigen Stadtteilen hat sich das Konzept des Quartiersmanagers sehr bewährt. In der Neustadt z.B. ist er Ansprechpartner für organisatorische Belange, für Themen des Quartiers und bei Konflikten. Ein Quartiersmanager, der Vollzeit im Quartier beschäftigt ist und ein Büro vor Ort hat, kann als Kümmerer vor Ort schnell und unbürokratisch Hilfe leisten. Bei der Auswahl ist die kulturelle Kompetenz zu berücksichtigen. Außerdem kann dieser eine gewisse Partizipation über eine Stadtteilkonferenz organisieren, die wiederum die Anbindung an die Bezirkspolitik erleichtert. Für das bürgerschaftliche Engagement im Quartier muss es Anlauf- und Versammlungsstätten geben, in der Veranstaltungen und kleine Feiern stattfinden können. Auch Sprach- und Integrationskurse können an diesem Ort stattfinden, um anfangs lange Wege zu vermeiden. Wichtig sind auch Angebote für Anwohner von außerhalb des Quartiers, um eine weitere Öffnung des Quartiers zu erreichen und die Nachbarschaften zu stärken. Solche Flächen können bei der Entwicklung in die Baukörper integriert werden.

Spiel und Sport verbinden

Gemeinsamer Sport ist häufig ein gutes Mittel, um die Integration voranzubringen. In dem Quartier muss daher ein Sportplatz oder eine Multifunktionssportfläche entstehen, auf der verschiedene Sportarten ausgeübt werden können. Der Schulentwicklungsplan sollte aufgrund der neuen Situation in Hamburg nochmal überarbeitet werden, wodurch sich auch die Möglichkeit für den Bau einer Sporthalle ergeben könnte. Gleichzeitig ist es wünschenswert, dass ein Sportverein vor Ort gegründet wird oder ein Verein in der Nachbarschaft das Quartier mit übernimmt. Entsprechende zusätzliche Gelder müssen dem Verein zur Verfügung gestellt werden. Bestehende Sprachbarrieren spielen häufig vor allem keine Rolle beim Sport, die Mitspielerinnen und Mitspieler lernen häufig schnell die wichtigsten Begriffe und finden so oft einen Einstieg in die Sprache.

Für kleinere Kinder ist zudem der Bau eines Spielplatzes wichtig. Hier treffen sich Kinder wie Erwachsene und finden Kontakt zueinander. Ein großer Spielplatz trägt zudem ebenfalls zur Öffnung des Quartiers bei. Kinder spielen miteinander, unabhängig von Sprache oder Herkunft. Daher sind Orte wie Spielplätze sehr wichtig, um vor allem die heranwachsenden Generationen schon früh zu integrieren und Sprachbarrieren abzubauen.

Gute Bildung bedeutet gute Integration

In der ersten Phase werden vornehmlich Bewohnerinnen und Bewohner mit Migrationshintergrund aus verschiedenen Teilen der Welt auf engem Raum zusammenleben. Daher ist es wichtig, dem Erlernen der deutschen Sprache von Anfang an eine hohe Priorität zu geben. Mit einer „internationalen Kindertagesstätte“ kann die Sprachbarriere durch Peer-Group-Learning schon im Kindesalter schnell abgebaut werden. Die Etablierung einer mehrsprachigen Schule kann das Miteinander verschiedener Kulturen ebenso fördern und schafft eine Anziehungskraft über das Quartier hinaus.

Die deutsche Kultur muss das Grundfundament der Schule bilden, andere Aspekte aus verschiedenen Kulturen erhalten jedoch Einzug in die Bildung vor Ort. Kinder haben häufig geringere Berührungsängste als Erwachsene, weshalb die Integration in Kitas und Schulen positiv prägend für alle Kinder sein wird. Die ausländischen Kinder und Schüler lernen die deutsche Kultur kennen, können aber gleichzeitig auch ihre Kultur den deutschen Kindern näherbringen. Auf diese Weise entstehen weniger Vorurteile und sie lernen sich gegenseitig kennen. Kinder und ihre Freundschaften helfen der ganzen Familie bei der Integration.

Auch die Erwachsenenbildung wird eine große Rolle spielen. Neben dem Angebot von Sprach- und Integrationskursen kann beispielsweise eine „Meister-Meile“ entstehen, in der vor allem Handwerks- und Handelskammer Ausbildungszentren bauen oder auch Behindertenwerkstätten errichtet werden können. Die Etablierung einer solchen „Meister- Meile“ hat den Effekt, dass Menschen von außerhalb in das Quartier kommen und die Anwohner ein Gefühl dafür entwickeln, wie das deutsche Ausbildungssystem funktioniert. Durch gläserne Werkstätten entstehen Einblicke in das deutsche Handwerk und Interessen können geweckt werden. Gleichzeitig können aus dem Ausland hinzugezogene Menschen ihre Ausbildung aus der Heimat hier noch einmal auffrischen bzw. auf den deutschen Standard bringen. Dadurch können erhebliche Synergieeffekte entstehen, da auch die ohne Vorkenntnisse lernenden Azubis schon Fortgeschrittenen zugucken und von ihnen etwas lernen können.

Anschluss an die soziale Infrastruktur sicherstellen

Insbesondere für Kinder und Jugendliche sowie Familien muss in dem neuen Quartier eine ausreichende soziale Beratung und Betreuung sichergestellt sein. Diese sind ggf. durch gezielte zusätzliche Angebote zu ergänzen.

Qualitative und quantitative Mindeststandards für diese Unterkünfte werden verbindlich und überprüfbar angelegt. Diese können mit Einbindung der Wohlfahrtsverbände, Flüchtlingsinitiative und fachkundigen Personen entwickelt warden.

Wenn man zugrunde legt, dass mehrere Tausend Personen in der neuen Siedlung wohnen werden, sich darunter ein sehr großer Anteil an Familien befindet und Kinder und Jugendliche im Alter von 0 bis mindestens 21 Jahren mit zu versorgen sind, dann ist für ein leistungsfähiges Angebot insbesondere in den Bereichen frühe Hilfen, Elternberatung sowie offene Kinder- und Jugendarbeit zu sorgen. Dies sollte in Anlehnung an die im Bezirk bewährten Hilfestrukturen sowie die Erfahrungen und Prognosen bei der Betreuung von Flüchtlingen folgende Elemente umfassen:  

  • Frühe Hilfen für schwangere und Mütter mit kleinen Kindern (eine Hebamme oder Kinderkrankenschwester 100.000 €)
  •  
  • offene familienentlastende Kinderbetreuungsangebote vor Ort (60.000 €)
  •  
  • niedrigschwellige Sprachförderung mit Kinderbetreuung für Eltern mit kleinen Kindern (10.000€)
  •  
  • Stadtteilmütter (Unterstützung von Familien bei der Integration im Sozialraum (80.000€)
  •  
  • Sozialberatung für Familien, Kinder, Jugendliche und Alleinerziehende (in Sozial-, Ausländer- und     Leistungsrechtlichen Fragen, Gesundheitsfragen, Psychosoziale Beratung etc. 30.000€)
  •  
  • Flexible Mittel z.B. Honorarmittel für temporäre oder zielgruppenspezifische Angebote (20.000€)
  •  
  • Freizeit- und Kulturangebote (für Familien und Kinder zur Förderung gemeinschaftlicher Aktivitäten und gesellschaftlicher Einbindung, 10.000€)
  •  
  • Verstärkungsmittel für bestehende Angebote, z.B. KifaZ sowie Elternschule Horner Geest (offene Kinder- und Jugendarbeit und Familienförderung 60.000€)

 Hieraus resultiert ein jährlicher Bedarf von etwa 370.000 €. Dieser kann ggf. weiter aufwachsen sobald zusätzlicher Wohnungsbau für weitere Haushalte hinzukommt. Für die räumliche Unterbringung der notwendigen Angebote sind mindestens 160 qm Fläche vorzuhalten.

Ein hochwertiges Quartier für jedermann

Die Integration der Menschen ist eines der wichtigsten Ziele. Um dies zu erreichen, ist neben der Etablierung eines Quartiermanagers und den anderen zuvor genannten Maßnahmen vor allem die Öffnung des Quartiers nach Außen wichtig. Um die Integration zu erleichtern, sollten homogene Bevölkerungsstrukturen vermieden werden. Daher ist die Öffnung der Wohnflächen für Studenten und Auszubildende ein erster Schritt, um einer Segregation entgegenzuwirken. In weiteren Schritten muss das Quartier allgemein geöffnet werden, um eine langfristig heterogene Bevölkerungsstruktur zu erreichen. Eine Bebauung der vorgesehenen Flächen über die 800 Wohnungen hinaus wird ausgeschlossen. Auch hier gilt es aus den Fehlern der Vergangenheit bei dem Bau von Großwohnsiedlungen zu lernen. Wenn  die  Parkstadt  Öjendorf  in  der  gewollten  Qualität  und  in  hoher  Geschwindigkeit

entwickelt werden soll und gleichzeitig das in der Senatsdrucksache ausdrücklich erwähnte Projekt der benachbarten „Neuen Gartenstadt“ vorangetrieben wird, handelt es sich hierbei insgesamt um ein hochkomplexes städtebauliches Gesamtprojekt mit einer sehr hohen Zahl neuer Wohnungen. Diese zusätzliche Aufgabe ist im Bezirksamt angesichts der bereits ohne Personalverstärkung vorgenommenen erheblichen Aufgabenverdichtungen im Kontext mit den Projekten ,,Stromaufwärts an Elbe  und  Bille‘‘,  Olympia,  „Sprung  über  die  Elbe“ etc. ohne zusätzliche Ressourcen nicht leistbar. Es muss daher in den Fachämtern SL, BP, MR sowie SR eine Personalverstärkung von jeweils einer halben bis einer Stelle vorgenommen werden.

Vor diesem Hintergrund möge die Bezirksversammlung beschließen:

1.

Vor dem Hintergrund der derzeitigen Flüchtlingssituation und des enormen Bedarfes an Unterbringungsmöglichkeiten wird die von Senat und Bezirken verfolgte kurzfristige Schaffung von Wohnraum für 3.000 – 4.000 Flüchtlinge je Bezirk unterstützt. Nur so kann Unterbringungen in Lagerhallen und Zelten entgegengewirkt werden. Dabei stellen sich die Rahmenbedingungen je nach Stadtteil und Lage unterschiedlich dar. Ziel muss es sein, durchmischte Quartiere zu schaffen, die eine wirkliche Integration von Flüchtlingen ermöglichen. Daher ist bei der Planung eine größtmögliche Durchmischung verschiedener Bevölkerungsgruppen anzustreben. Dabei wird insbesondere die Verteilung auf mehrere Flächen berücksichtigt. Die Beschränkung auf einen Standort im Bezirk Hamburg-Mitte wird nicht unterstützt, sondern die Auswahl von zwei oder mehr Flächen wie in den Bezirken Wandsbek und Hamburg- Nord befürwortet. Die Fläche westlich des Öjendorfer Parks östlich des Quartiers Haferblöcken darf dabei nur behutsam und in die vorhandene Struktur integriert bebaut werden.


2.

Die Gartenstadt Öjendorf kann größer als bisher geplant erstellt werden und soll von Anfang an als durchmischtes, integratives, qualitativ hochwertiges Quartier geplant werden. Das Bebauungsverfahren soll möglichst parallel zu den oben genannten Quartieren schnellstmöglich begonnen werden. 

Der Bezirksamtsleiter wird aufgefordert,

1.

ein ganzheitliches Konzept unter Einbeziehung der Fraktionen für ein solches Quartier zu erarbeiten und der Bezirksversammlung vorzulegen, welches die in der Begründung genannten Rahmenbedingungen aufgreift. Dieses Konzept soll möglichst frühzeitig der örtlichen Bevölkerung vorgestellt werden.

2.

sich dafür einzusetzen, dass Hamburger Wohnungsbaugenossenschaften die Entwicklung der Flächen übernehmen und ggf. die Änderung der Gesetzgebung im Sinne der Genossenschaften anzustoßen

3.

einzusetzen, dass ein Workshopverfahren zur städtebaulichen und architektonischen Gestaltung vorzusehen ist.

4.

sich bei den zuständigen Stellen dafür einzusetzen, dass begleitende Maßnahmen wie Quartiersmanager, gemeinsamer Sport, aber auch Spielflächen in der zuvor beschriebenen Qualität zur Verfügung gestellt werden.

5. 

dafür zu sorgen, dass die Quartiere in die Förderungsmöglichkeiten des Bundes aufgenommen werden.

6.

sich bei den zuständigen Stellen dafür einzusetzen, dass die Kapazitäten des ÖPNV an die wachsende Bewohnerzahl angepasst werden,

7. 

sich bei den zuständigen Stellen dafür einzusetzen, dass ein Ausbau der Kapazitäten für Schulen und Kindertagesstätten dem besonderen Bedarfe entsprechend, erfolgt. Dabei ist es wünschenswert, mehrsprachige Schulen zu entwickeln.

8.

sich bei den zuständigen Stellen dafür einzusetzen, dass in Kooperation mit der Handwerks- und Handelskammer sowie weiteren Akteuren vor Ort eine Ausbildungsstätte eingerichtet wird, um die Integration auf den deutschen Arbeitsmarkt zu erleichtern.

9.

bei den Planungen sicherzustellen, dass eine dem Bedarf angepasste Nahversorgung entsteht.

10.

die Planungen auf beiden benannte Flächen sicherzustellen, um die Kombination mit dem ohnehin entstehenden Wohnungsbau zu ermöglichen und ein gesundes  Quartier entstehen zu lassen.

11.

.Auch die ökologische Wertigkeit, Begrünung und Freiflächengestaltung wirkt sich stark auf die Attraktivität und Anschlussfähigkeit eines Quartiers aus. Daher ist sicherzustellen, dass die Entwicklung des Quartiers naturnah ausgerichtet ist. Dafür können geeignete Kooperationspartner eingebunden warden.

12.

den entsprechenden Stellen der Verwaltung deutlich zu machen, dass jeder Neubau auf den geplanten Flächen zwingend eines effektiven Lärmschutzes auf der Seite der BAB bedarf.

13.

parallel die Anbindung, Erschließung und Entwicklung des Entwurfes „Gartenstadt Öjendorf“ aus dem Senatsprogramm „Stromaufwärts an Elbe und Bille“ sicherzustellen.

14.

dafür Sorge zu tragen, dass die derzeitige Unterkunft am Mattkamp spätestens bei der Fertigstellung der ersten Häuser des neuen Quartiers aufgelöst wird. Darüber hinaus soll die Anzahl der Flüchtlinge, die in Billstedt ein neues Zuhause finden, nicht größer sein als die in Stadtteilen wie Hamm oder Wilhelmsburg.

15.

 die politischen Gremien der Bezirksversammlung regelmäßig über die laufenden Gespräche und Planungen zu informieren sowie die planerische Beteiligung des Stadtplanungsausschusses sicherzustellen.

16.

die zu Beginn notwendigen 370.000,- EUR für die Einrichtung der sozialen Infrastruktur beim Senat anzumelden sowie für deren Verstärkung in den Folgejahren zu sorgen.

17.

beim Senat die zwingend notwendigen strukturellen Personalstellen für die bezirklichen Fachämter MR, BP, SL und SR durchzusetzen.


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